A9-Mordprozess um erschossene Lehrerin: „Ich habe mit dem Tod von Carolin G. nichts zu tun“ (2025)

Prozess in Potsdam

A9-Mordprozess um erschossene Lehrerin: „Ich habe mit dem Tod von Carolin G. nichts zu tun“

A9-Mordprozess um erschossene Lehrerin: „Ich habe mit dem Tod von Carolin G. nichts zu tun“ (1)

Die beiden Angeklagten stehen vor Beginn der Hauptverhandlung im Gerichtssaal 8 des Potsdamer Landgerichts neben ihren Anwälten. Die beiden Angeklagten sollen im Mai 2023 auf der Autobahn A9 zwischen Brück und Beelitz die 40 Jahre alte ehemalige Lebensgefährtin eines Angeklagten mit einer Schusswaffe ermordet haben.

Quelle: Soeren Stache/DPA

1. Prozesstag: Am 15. Januar 2024 hat vor dem Landgericht Potsdam die Verhandlung gegen die mutmaßlichen Mörder der Lehrerin Carolin G. begonnen. Die Angeklagten bestreiten die Tat. Björn R. braucht dafür nur wenige Worte. Benjamin K. sagt umfassend aus – und belastet den Ex-Partner des Opfers.

A9-Mordprozess um erschossene Lehrerin: „Ich habe mit dem Tod von Carolin G. nichts zu tun“ (2)
Ulrich Wangemann und Nadine Fabian

Potsdam. In dem mit Spannung erwarteten Prozess um einen mutmaßlichen Auftragsmord an einer 40 Jahre alten Lehrerin aus Brück (Potsdam-Mittelmark) hat der Angeklagte Björn R. bestritten, etwas mit der Tötung seiner ehemaligen Lebensgefährtin Carolin G. zu tun zu haben. Er hätte niemals die Mutter seines Sohnes umgebracht oder umbringen lassen – „egal, was vorher gewesen sein mag“, äußerte der 42-Jährige: „Ich habe mit dem Tod von Carolin G. nichts zu tun.“ Sein Verteidiger Axel Weimann beklagte eine – nach seiner Auffassung – Vorverurteilung seines Mandanten durch die Medien.

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Der Mitangeklagte Benjamin K., ein ehemaliger Schulfreund von Björn R., machte an diesem ersten Verhandlungstag eine lange Aussage, in der er ebenfalls bestritt, der Mörder der jungen Mutter zu sein. Der 42-Jährige, der laut den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft die tödlichen Schüsse auf die arg- und wehrlose Frau abgefeuert haben soll, schilderte jedoch detailliert, wie hasserfüllt sich die Beziehung seines Bekannten zu Carolin G. entwickelt habe. Damit belastet er seinen Freund schwer.

Zwischen den beiden Eltern eines drei Jahre alten Jungen war nach der Trennung Anfang 2022 ein Sorgerechtsstreit um das Kind entbrannt.

Mutmaßlicher Todesschütze zündete sein Auto an

Benjamin K. schilderte, wie sein Freund einen Monat vor der Bluttat in seiner Gegenwart nachts die Mülltonnen vor dem Wohnhaus der Frau – ihrem Elternhaus in Niemegk (Potsdam-Mittelmark) – angezündet habe, weil sonst niemand sehe „dass sie eine schlimme Frau und schlechte Mutter und er der Bessere ist“.

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Von dem Mord will Benjamin K. aber erst von Björn R. und aus der Zeitung erfahren haben. Allerdings gab er an, das mutmaßliche Tatfahrzeug, einen Opel Vectra, etliche Tage nach der Tat angezündet zu haben – auf Geheiß seines Kumpels. Vorher hatte er die Kennzeichen abgeschraubt. Das Auto soll Ex-Lebensgefährte Björn R. vor der Tat besorgt haben. Benjamin K. behauptet, er habe nichts davon gewusst, dass das Auto etwas mit dem Mord zu tun haben könnte. Er habe lediglich Spuren von der Brandstiftung in Niemegk vernichten wollen. Dafür habe er 300 Euro erhalten.

Die Anklage wirft den beiden Männern vor, die Frau gemeinschaftlich getötet zu haben. Dabei soll Benjamin K. auf Anstiftung von Björn R. am Abend des 10. Mai 2023 einen Autounfall auf der A9 zwischen Beelitz und Brück verursacht haben, um Carolin G. zum Anhalten zu bringen. Die Frau stoppte mit ihrem Wagen auf dem Seitenstreifen.

Auf der Autobahn A9 abgedrängt

Benjamin K. soll dann der Staatsanwaltschaft zufolge ausgestiegen sein und durch das Fenster auf der Fahrerseite geschossen haben. Einer der vier darauf folgenden Schüsse aus nächster Nähe habe die Frau ins Herz getroffen und sofort getötet. Die Tat habe nach Vorstellungen der Angeklagten aussehen sollen wie eine eskalierte Unfallsituation, so die Staatsanwaltschaft. Der junge Kommissar der Autobahnpolizei, der als erstes am Tatort war und Carolin G. blutüberströmt fand, sagt, es habe ausgesehen, als habe sie die Beifahrertür öffnen und noch weglaufen wollen.

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Aus der Anklage geht auch hervor, dass sich Björn R. und Carolin G. schon längere Zeit einen erbitterten Streit um das gemeinsame Kind lieferten. Carolin G. soll mit dem kleinen Jungen demnach zeitweise in einem Frauenhaus untergekommen sein, um sich vor dem Mann in Sicherheit zu bringen – das war im Juli 2022. Björn R. schrieb seinem mutmaßlichen Komplizen damals, Carolin G. habe den Sohn entführt und fragte ihn, ob er jemanden kenne, „der das unkonventionell löst für mich, (...) jemanden, der beseitigt“. Benjamin K. antwortete, er werde sich umhören. Vom Vorsitzenden der Schwurgerichtskammer Bodo Wermelskirchen darauf angesprochen, sagt Benjamin K.: „Ich wollte die Luft rausnehmen. Dass ein Mord in Betracht kommt, schloss ich aus.“

Mutmaßlicher Auftraggeber hielt Mutter für „Störfaktor“ in Vater-Sohn-Beziehung

In einer späteren Nachricht machte Björn R. dann noch einmal Druck, erkundigte sich, wie weit Benjamin K. sei – immerhin habe er Carolin G. schon „die Polizei auf den Hals gejagt – ohne Erfolg.“ Vor dem Amtsgericht Berlin-Schöneberg erhielt der Vater Anfang März 2023 das Aufenthaltsbestimmungsrecht über das Kind zugesprochen. Dagegen legte die Mutter im April Beschwerde ein. Nach diesem Schritt hat Björn R. laut Anklage beschlossen, seine ehemalige Partnerin tatsächlich umbringen zu lassen. Staatsanwältin Maria Stiller sagte, in den Augen des mutmaßlichen Auftraggebers des Mordes sei seine ehemalige Partnerin zunehmend ein „Störfaktor für die Vater-Sohn-Beziehung“ geworden.

Während sich Björn R. nur in zwei Sätzen äußerte, beschrieb sein ehemaliger Schulkamerad ausufernd die Ereignisse rund um die Bluttat, mit der er nichts zu tun haben will. Sich selbst stellte er als vom Schicksal gebeutelten Menschen dar. Misserfolge in der Schule, diverse Krankheiten, mehrere abgebrochene Ausbildungen, eine zu Schulzeiten schmerzhaft unterdrückte Homosexualität, später ein Leben geprägt von beruflichen und privaten Fehlschlägen und unstetem Wohnen in Wohnmobilen – so schmückt Benjamin K. die Angaben zu seinen persönlichen Verhältnissen aus.

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Mord auf der A9: Angeklagter sagt, er habe zur Tatzeit geschlafen

Björn R. habe ihm mehrere Tausend Euro geliehen, sagte Benjamin K. – man erkennt ein gewisses Abhängigkeitsverhältnis. So durfte der rastlose K. seine Fahrzeuge in R.’s Werkstatt in Berlin-Zehlendorf umbauen, ging aber auch alle zwei Wochen bei ihm zu Hause putzen.

Wohnmobile spielen in diesem Prozess eine herausgehobene Rolle. Mit einem solchen Freizeitfahrzeug spähte Benjamin K. nach eigenen Angaben auf Bitte seines Freundes die Kita aus, in die das Kind ging, wenn es in der Obhut der Mutter war. Über Monate hinweg observierte Benjamin K. das spätere Opfer – für 15 Euro „Schnüffelgeld“ pro Stunde plus 15 Euro für Sprit. Er lauerte der Frau zu Hause auf und folgte ihr nicht nur zur Kita, sondern auch zu der Schule, an der sie unterrichtete. „Ich habe geglaubt, dass es fürs Spionieren am Kindergarten eine Erlaubnis vom Gericht gibt“, sagt Benjamin K. „Ich fühlte mich nicht im Unrecht.“ Deshalb habe er einem misstrauischen Vater, der ihn einmal vor der Kita ansprach, auch gesagt, dass er ruhig die Polizei verständigen könne, wenn er sich unwohl fühle – dann werde sich alles klären.

Schwaches Alibi: Mutmaßlicher Schütze will zur Tatzeit geschlafen haben

Auch K.’s Alibi soll etwas mit seinem Wohnmobil zu tun haben. Weil er sich am 9. Mai trotz eines heftigen Bandscheibenvorfalls auf ein Popkonzert quälte und am 10. Mai – dem Tattag – einige Bankgeschäfte zu erledigen hatte, sei er „sehr fertig“ gewesen und habe sich am Nachmittag an Bord des Gefährts auf einem Parkplatz am Mexikoplatz in Berlin-Zehlendorf hingelegt und bis nach Mitternacht geschlafen, behauptet K. Zuvor habe er in seinem Whats-App-Status mitgeteilt, er sei längere Zeit nicht erreichbar – das mache er immer so, weil sich Freunde aufgrund seiner Epilepsie ansonsten Sorgen um ihn machen würden. Wie belastbar diese Aussagen sind, wird der Prozessverlauf zeigen.

In einem Wohnmobil baute Benjamin K. im Juli 2023 – etwa zwei Monate nach dem Mord – einen Unfall in Österreich. Hatte er sich absetzen wollen? Dem widerspricht der Angeklagte, der seit der Coronavirus-Pandemie in einer Anglerlaube in Ketzin (Havelland) gelebt hatte, diese aber eine Woche nach dem Mord auf der A9 inseriert und kurz vor der Abfahrt auch verkauft hatte. „Ich war nie auf auf der Flucht“, sagt Benjamin K. – Er habe einfach wieder auf Reisen gehen und seinen Bruder in Italien besuchen wollen – wer hätte sich dann um das Häuschen gekümmert? – Der Prozess wird fortgesetzt.

MAZ

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